Abgasvorschrift Euro 6
01 Juli, 2008
2014 - vorgesehene extrem strenge europäische Abgasvorschrift Euro 6
Senkung des Kraftstoffverbrauchs: Politik der kleinen Schritte
Die Experten sind sich einig: Trotz aller Hoffnungen aufs Elektroauto und den Wasserstoff wird auch in den nächsten Jahrzehnten der Verbrennungsmotor die Masse der Autos antreiben. Der allerdings ändert sich zurzeit - nicht im Prinzip, dafür aber umso mehr im Detail. Dr. Gerd Kleinert, Vorstandssitzender der Kolbenschmidt Pierburg AG, ist sich sicher, dass es gelingen kann, die erst für 2014 vorgesehene extrem strenge europäische Abgasvorschrift Euro 6 ohne Feinstaubfilter und ohne Einsatz von Harnstoff-Abgasbehandlung zu erfüllen.
Der Mann sollte das wissen. Denn sein Unternehmen lebt von der Optimierung vieler Teile in und am Motor oder in der Abgasanlage. Sie sollen in Zukunft vermehrt dazu beitragen, dass Motoren leichter werden, weniger innere Reibung produzieren, die Verbrennung im Zylinder verbessert wird und es so in der Summe zur Einsparung von Kraftstoff und damit von Kohlendioxid (CO2) sowie von Schadstoffen kommt.
In einer Fach-Pressekonferenz im italienischen Livorno diente die Kühlmittelpumpe als ein eindrucksvolles Beispiel für mögliche Verbrauchssenkung. Sie soll schon bei Leerlaufdrehzahl soviel Pumpleistung erbringen, dass auch der heiße Motor nicht überhitzt. Da die Pumpe bisher ständig von der Welle des Motors angetrieben wird, wächst die Leistung maßlos, bis sie bei hohen Drehzahlen vom Motor etwa drei PS abnimmt und dann viel zu viel Wasser pumpt.
Das geschieht auch, wenn man eigentlich einen geringeren Durchfluss benötigt, wie beim Kaltstart des Motors oder wenn die Umgebungstemperatur zur Kühlung ausreicht. Moderne Wasserpumpen fördern das Kühlmittel nur dann durch den Motor, wenn der es braucht. Das ganze wird vom elektronischen Motormanagement geregelt, und auf einmal braucht die Temperierung des Motors nur noch ein Zehntel seiner Leistung. Der Verbrauch kann so um bis zu drei Prozent sinken.
Ähnlich verhält es sich mit der Ölpumpe, die dafür sorgen soll, dass immer genug Schmierstoff an den Stellen des Motors vorhanden ist, an denen es gebraucht wird. Mit einer elektrischen und variabel arbeitenden Ölpumpe können ebenfalls bis zu drei Prozent Kraftstoff eingespart werden. Kolbenschmidt Pierburg wird eine solche Pumpe 2010 oder 2011 in den Markt einführen. Heute schon im Markt sind Hochdruckpumpen zum Beispiel für die Commonrail-Einspritzung beim Diesel und die Benzindirekteinspritzung.
Auch bei den Kolben lässt sich durch Feinarbeit eine Menge erreichen. Das modernste sind Leichtbaukolben mit einer nanokristallinen Beschichtung, die die Reibung zwischen Kolben und Zylinderwand um bis zu 30 Prozent verringern. Hier läuft ein erstes Projekt, vermutlich mit dem 1,9-Liter-Vierzylinder-Diesel von Volkswagen. 720 000 Stück pro Jahr sollen davon zunächst gebaut werden. Weitere Projekte mit anderen Herstellern laufen.
Natürlich bemüht sich das Unternehmen auch, Aluminium anstelle von Grauguss beim Motorblock und Zylinderkopf durchzusetzen. Das verspricht eine erhebliche Gewichtseinsparung, kostet aber in der Herstellung mehr. Vorstand Kleinert geht aber davon aus, dass im Zuge der Verkleinerung der Hubräume in Verbindung mit Turboaufladung der Alu-Block auch in der Großserie seine Chance bekommt.
Bei den Gleitlagern handelt es sich um ein nur wenig spektakuläres Feld, das aber viel zur Verringerung der Reibung und zur Verminderung des Ölverbrauchs beitragen könnte. Der Geschäftsbereich KS Gleitlager bemüht sich daher zurzeit, ein ölkreislaufoptimiertes Kurbelwellenlager zu propagieren. Dichtprofile verringern dabei den Ölbedarf.
Die Rückführung von Abgas in den Verbrennungsraum senkt dort die Temperatur, wenn es vorher gekühlt wurde. Niedrigere Temperaturen verhindern die Entstehung von Stickoxiden, was besonders beim Dieselmotor von Belang ist. Auch hier ist das Unternehmen aktiv. Die Spitze der Entwicklung stellt ein integriertes Diesel-Saugrohr dar, das zurzeit entwickelt wird. Es enthält den Kühler fürs zurückzuführende Abgas, einen Bypass, der geöffnet wird, wenn beim Kaltstart kein gekühltes Abgas benötigt wird und das Abgasrückführventil in einem Bauteil.
Kleinert sieht alle Maßnahmen der Abgasrückführung zusammen mit einem erhöhten Einspritzdruck beim Kraftstoff und einer angepassten Steuerung der Zündung als den Weg, die strengen Werte der Euro6 zu erreichen, und das ohne Feinstaubfilter und ohne die Abgasnachbehandlung mit Harnstoff. Die bei Stickoxid noch strengere US-Vorschrift für Stickoxid wird aber wohl nicht ohne Harnstoff-Chemie zu erreichen sein.
Man darf gespannt sein, ob der Feinstaubfilter wieder aus unseren Dieselfahrzeugen verschwinden darf, wenn die innermotorischen Maßnahmen Wirkung zeigen. ar/Sm p.schwerdtmann
Die Experten sind sich einig: Trotz aller Hoffnungen aufs Elektroauto und den Wasserstoff wird auch in den nächsten Jahrzehnten der Verbrennungsmotor die Masse der Autos antreiben. Der allerdings ändert sich zurzeit - nicht im Prinzip, dafür aber umso mehr im Detail. Dr. Gerd Kleinert, Vorstandssitzender der Kolbenschmidt Pierburg AG, ist sich sicher, dass es gelingen kann, die erst für 2014 vorgesehene extrem strenge europäische Abgasvorschrift Euro 6 ohne Feinstaubfilter und ohne Einsatz von Harnstoff-Abgasbehandlung zu erfüllen.
Der Mann sollte das wissen. Denn sein Unternehmen lebt von der Optimierung vieler Teile in und am Motor oder in der Abgasanlage. Sie sollen in Zukunft vermehrt dazu beitragen, dass Motoren leichter werden, weniger innere Reibung produzieren, die Verbrennung im Zylinder verbessert wird und es so in der Summe zur Einsparung von Kraftstoff und damit von Kohlendioxid (CO2) sowie von Schadstoffen kommt.
In einer Fach-Pressekonferenz im italienischen Livorno diente die Kühlmittelpumpe als ein eindrucksvolles Beispiel für mögliche Verbrauchssenkung. Sie soll schon bei Leerlaufdrehzahl soviel Pumpleistung erbringen, dass auch der heiße Motor nicht überhitzt. Da die Pumpe bisher ständig von der Welle des Motors angetrieben wird, wächst die Leistung maßlos, bis sie bei hohen Drehzahlen vom Motor etwa drei PS abnimmt und dann viel zu viel Wasser pumpt.
Das geschieht auch, wenn man eigentlich einen geringeren Durchfluss benötigt, wie beim Kaltstart des Motors oder wenn die Umgebungstemperatur zur Kühlung ausreicht. Moderne Wasserpumpen fördern das Kühlmittel nur dann durch den Motor, wenn der es braucht. Das ganze wird vom elektronischen Motormanagement geregelt, und auf einmal braucht die Temperierung des Motors nur noch ein Zehntel seiner Leistung. Der Verbrauch kann so um bis zu drei Prozent sinken.
Ähnlich verhält es sich mit der Ölpumpe, die dafür sorgen soll, dass immer genug Schmierstoff an den Stellen des Motors vorhanden ist, an denen es gebraucht wird. Mit einer elektrischen und variabel arbeitenden Ölpumpe können ebenfalls bis zu drei Prozent Kraftstoff eingespart werden. Kolbenschmidt Pierburg wird eine solche Pumpe 2010 oder 2011 in den Markt einführen. Heute schon im Markt sind Hochdruckpumpen zum Beispiel für die Commonrail-Einspritzung beim Diesel und die Benzindirekteinspritzung.
Auch bei den Kolben lässt sich durch Feinarbeit eine Menge erreichen. Das modernste sind Leichtbaukolben mit einer nanokristallinen Beschichtung, die die Reibung zwischen Kolben und Zylinderwand um bis zu 30 Prozent verringern. Hier läuft ein erstes Projekt, vermutlich mit dem 1,9-Liter-Vierzylinder-Diesel von Volkswagen. 720 000 Stück pro Jahr sollen davon zunächst gebaut werden. Weitere Projekte mit anderen Herstellern laufen.
Natürlich bemüht sich das Unternehmen auch, Aluminium anstelle von Grauguss beim Motorblock und Zylinderkopf durchzusetzen. Das verspricht eine erhebliche Gewichtseinsparung, kostet aber in der Herstellung mehr. Vorstand Kleinert geht aber davon aus, dass im Zuge der Verkleinerung der Hubräume in Verbindung mit Turboaufladung der Alu-Block auch in der Großserie seine Chance bekommt.
Bei den Gleitlagern handelt es sich um ein nur wenig spektakuläres Feld, das aber viel zur Verringerung der Reibung und zur Verminderung des Ölverbrauchs beitragen könnte. Der Geschäftsbereich KS Gleitlager bemüht sich daher zurzeit, ein ölkreislaufoptimiertes Kurbelwellenlager zu propagieren. Dichtprofile verringern dabei den Ölbedarf.
Die Rückführung von Abgas in den Verbrennungsraum senkt dort die Temperatur, wenn es vorher gekühlt wurde. Niedrigere Temperaturen verhindern die Entstehung von Stickoxiden, was besonders beim Dieselmotor von Belang ist. Auch hier ist das Unternehmen aktiv. Die Spitze der Entwicklung stellt ein integriertes Diesel-Saugrohr dar, das zurzeit entwickelt wird. Es enthält den Kühler fürs zurückzuführende Abgas, einen Bypass, der geöffnet wird, wenn beim Kaltstart kein gekühltes Abgas benötigt wird und das Abgasrückführventil in einem Bauteil.
Kleinert sieht alle Maßnahmen der Abgasrückführung zusammen mit einem erhöhten Einspritzdruck beim Kraftstoff und einer angepassten Steuerung der Zündung als den Weg, die strengen Werte der Euro6 zu erreichen, und das ohne Feinstaubfilter und ohne die Abgasnachbehandlung mit Harnstoff. Die bei Stickoxid noch strengere US-Vorschrift für Stickoxid wird aber wohl nicht ohne Harnstoff-Chemie zu erreichen sein.
Man darf gespannt sein, ob der Feinstaubfilter wieder aus unseren Dieselfahrzeugen verschwinden darf, wenn die innermotorischen Maßnahmen Wirkung zeigen. ar/Sm p.schwerdtmann
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