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Das Klimapaket ist geschnürt

22 September, 2019

Die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD haben sich nach einer 18stündigen Mammutsitzung in Berlin am


am Freitag, 20.09.2019, auf einen milliardenschweren Katalog geeinigt, um die Kohlendioxid (CO2)-Emissionen in Deutschland bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990 um 55 Prozent zu senken. Damit sollen dann endlich die Klimaziele der Europäischen Union erfüllt werden.

Zu den vielen Maßnahmen, die sich besonders auf die Bereiche Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft konzentrieren, zählen unter anderem zusätzliche finanzielle Anreize, um dem Elektroauto zum Durchbruch zu verhelfen. Das Tanken wird teurer, um den Umstieg auf sparsame Autos attraktiver zu machen. Die Kraftfahrzeugsteuer soll grundlegend reformiert werden und sich künftig nach dem CO2-Ausstoß richten.

Zentraler Inhalt des Klimapakets der Großen Koalition ist die Bepreisung des Treibhausgases CO2 auf Grundlage eines nationalen Emissionshandels mit Verschmutzungszertifikaten, so wie er in der internationalen Industrie bereits seit einigen Jahren praktiziert wird. In Deutschland soll er künftig auch bei Verkehr und Gebäuden zum Einsatz kommen.

In der Folge würden fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Heizöl deutlich teurer als heute und sich grüne Technologien im Gegenzug schneller rechnen. Damit folgen die Parteien den Forderungen von Klimawissenschaftlern und -ökonomen. Deren Petitum: Um das Klima wirklich zu schützen, muss es teurer werden, Treibhausgase wie CO2 auszustoßen. „Wir schaffen Anreize für die Bürger, CO2 zu sparen“, sagt die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer. „Wer CO2 spart, fährt besser. Wer viel CO2 ausstößt, muss mehr bezahlen.“ Nach den Plänen des Klimakabinetts werden die Preise für Benzin und Diesel bis 2026 sukzessive um rund 15 Cent pro Liter steigen.

Um die Kosten für die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen zu halten, sollen die Preise für die Zertifikate gedeckelt und ein Mindestpreis festgelegt werden, damit der Handel auch wirkt. Ein CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden würde Milliarden in die Staatskasse spülen. Die Koalition will das Geld für Entlastungen von Bürgern und Unternehmen nutzen - etwa beim Strompreis. Die Pendlerpauschale soll ab 2021 um fünf auf 35 Cent pro Kilometer erhöht werden – allerdings erst ab Entfernungskilometer 21. „Auch Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen müssen sich leisten können, was wir machen“, sagt Bundesfinanzminister und Vize-Kanzler Olaf Scholz.

Dem Ziel einer sozialen Ausgewogenheit wollen die Klimapaket-Macher auch mit einer grundlegenden Reform Kraftfahrzeugsteuer entsprechen, deren Höhe ebenfalls entscheidend von den CO2-Emissionen abhängt. Im Klartext: Nutzer großer und leistungsstarker Autos wie SUV würden nach dem Willen der Klimakommission deutlich mehr Kraftfahrzeugsteuer bezahlen müssen als bisher, Besitzer von Kompaktfahrzeugen wie VW Golf oder Ford Focus entsprechend weniger. Batterie-elektrisch angetriebene Pkw sind nach wie vor zehn Jahre lang von der Kraftfahrzeugsteuer befreit.

Da das Elektroauto in Deutschland noch nicht richtig in Fahrt gekommen ist, hat sich das Klimakabinett unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel auch darauf verständigt, zusätzliche Mittel als Starthilfe für den automobilen Hoffnungsträger zur Verfügung zu stellen. Auf den Straßen zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen sind zurzeit rund 125 000 batterie-elektrisch angetriebene Pkw unterwegs. Hinzu kommen etwa 90 000 Plug-in-Hybride. Das sind 0,4 Prozent des Pkw-Gesamtbestands. Nachdem die Kanzlerin ursprünglich schon für das kommende Jahr eine Million Elektroautos avisiert hatte, korrigierte die Bundesregierung ihr Ziel inzwischen auf sechs bis zehn Millionen im Jahr 2030. Bei einer mehr oder weniger stabilen Gesamtnachfrage entspräche dies einem Anteil von über 21 Prozent am Pkw-Gesamtbestand.

Dafür wollen die Regierungsparteien den Erwerb von Elektroautos und Plug-in-Hybriden stärker fördern als bisher geplant. Der Förderzeitraum soll nach den Plänen des Klimakabinetts von Ende 2020 bis 2030 verlängert werden. Aktuell beträgt sie 4000 Euro für ein neues E-Auto und 3000 Euro für einen neuen Plug-in-Hybrid – vorausgesetzt, der Nettolistenpreis liegt unter 60 000 Euro. Die Prämie teilen sich Staat und Automobilindustrie. Dafür hatte die Bundesregierung bislang Mittel in Höhe von insgesamt 1,2 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. Ab 2021 soll die Kaufprämie für E-Autos und Plug-in-Hydride mit einem Neupreis unter 40 000 Euro weiter erhöht werden. Die Rede ist von 6000 beziehungsweise 4000 Euro.

Einen weiteren Nachfrageschub bei E-Autos und Plug-in-Hybriden verspricht sich die Klimakommission vom schnellen und flächendeckenden Ausbau der Ladenetzinfrastruktur auf eine Million Ladestationen bis 2030. Bei der Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt hatte Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), beklagt, dass die notwendige Infrastruktur für den klimaneutralen Betrieb von Plug-in-Hybriden und batterieelektrischen Fahrzeugen nicht so schnell wachse wie dies eigentlich notwendig wäre. Auch für Bundeskanzlerin Merkel ist eine verlässliche Ladeinfrastruktur eine wichtige Voraussetzung für das Vertrauen der Kunden in die Elektromobilität.

Neben der Förderung der Elektromobilität und der CO2-Bepreisung beinhaltet das Klimapaket Steuererleichterungen für Bahntickets und Gebäudesanierungen, den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und der erneuerbaren Energien sowie höhere Preise für Kurzstreckenflüge. Ein unabhängiges Gremium wird die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen permanent überprüfen und gegebenenfalls nachzujustieren. Kritik übte die Opposition in einer ersten Reaktion unter anderem an der Erhöhung der Pendlerpauschale sowie an den unveränderten Subventionen für die fossilen Energieträger Diesel und Kerosin. Damit würde das Paket der Menschheitsherausforderung Klimaschutz nicht gerecht.

Die Gesamtkosten für die Umsetzung des Klimapakets veranschlagen Beobachter mit bis zu 80 Mrd. Euro. Das Klimakabinett hat sich dazu nicht konkret geäußert. Finanzminister Schulz sprach von Investitionen in Höhe von 54 Mrd. Euro bis 2023. Bis der Umsetzung der Maßnahmen begonnen werden kann, wird es allerdings noch dauern: Damit das Parlament über die Vorschläge abstimmen kann, müssen zunächst die entsprechenden Gesetzesvorlagen erarbeitet werden.
ampnet/rs

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