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Tuningmesse Essen 2018: Ein Kessel Buntes

03 Dezember, 2018

Bei den Großen hagelt es auf der Tuningmesse in Essen (bis 09.12.2018)interessante Premieren. Wenn das Auto nicht tief


genug sein kann, die Titan-Abgasanlage kurz vor der Bestellung steht oder aufwändig gedruckte Folie das Vehikel schmücken soll, ist die Tuningmesse "51. Essen Motor Show" (bis 09.12.2018) der traditionelle Anlaufpunkt für Tuningfans. Die ganz großen Highlights bleiben in diesem Jahr eher aus, dafür gibt es kreative Showcars, deutsche Szenestars, und der Breitensport feiert ein kleines Comeback in den Herzen.

Als die Tuningmesse zum Previewday seine Eröffnungsshow begann, herrschte Ratlosigkeit auf den Tribünen, denn der Programmpunkt geriet 30 Minuten in Verzug. Kurz nach 12 Uhr fiel dann der offizielle Startschuss zur Essen Motor Show. Ein US-Polizeifahrzeug fuhr zu den Klängen von Dr. Dre in den Showground ein und hüpfte zwei Minuten herum, kurze Zeit später ging der eben erst mit einem Audi R8 vorgefahrene ADAC-Motorsport-Präsident Hermann Tomyzyk nach seiner Rede irrtümlich zu Fuß von der Bühne.

Moderator Jan Stecker führte souverrän durch die Eröffnung, hatte aber diesmal keine richtigen Highlights zu präsentieren. Letztes Jahr standen hier noch Aaron Shelby und Klaus Ludwig Rede und Antwort. In diesem Jahr nahm Rennfahrer Jörg Ratscher den Fairnesspreis des DSK (Deutscher Sportfahrer Kreis e.V.) entgegen. Damit ist das Konzept dieses Jahres erklärt: Statt pompösen Star-Lineups wie bei der DTM-Sondershow 2017 ging hier der Kundensport wieder nach vorne.

Außerdem zeigen in Essenprivate Tuner in der Sondershow Tuning X-Perience (Halle 1A, Halle 3) 160 Fahrzeuge aus ganz Europa, bei denen die Schrauben schon mindestens einmal heraus- und wieder hineingedreht wurden. Darunter viele mehrfach preisgekrönte Fahrzeuge, bei denen ein paar Minuten Rundgang nötig sind, um das Ausmaß der spektakulären Umbauten voll erfassen zu können. In Halle 5 ist der Motorsport nahezu aller Klassen zu Hause. Die direkte Nähe zu Rennfahrern, Organisatoren und Gleichgesinnten sorgt für eine regen Austausch.

Direkt am Südeingang stehen sportliche Cabrios bei einer Sonderschau zur Ansicht bereit. Alte und neue offene Ikonen wie der BMW E36 M3, VW Käfer, aber auch die aktuelle Chevrolet Corvette zeigen Mut zum Wind. Die Aufmachung hingegen ist nicht sehr mutig. Sandfarbener Messeboden und ein Plakat in Sepiatönen machen noch keine Sonderschau. Immerhin Datenblätter zu den Fahrzeugen hätten für die Zuschauer bereit stehen können. Schließlich halten diese bei manchem klassischen Zweisitzer schon einmal inne, um an goldene Zeiten der Vergangenheit zu denken. Gegenüber stehen die „Rote Sau“, aktuelle Mercedes-AMG GT, eine wuchtige X-Klasse, einen Schritt weiter die GT3-Modelle von Porsche – für die meisten Messebesucher wirken sie sichtlich magnetischer.

Ein richtiger Publikumsliebling ist auch der Toyota GT86 von Jean-Pierre Krämer (JP Performance). Der mittlerweile zum Kosmopoliten avancierte Tuning-Popstar hat mit dem Toyota in knalliger Folie die Herzen seiner Fans getroffen. Der japanische Sportwagen beherbergt jetzt einen 2JZ-Motor aus einem Toyota Supra und ist nach allen Regeln der Ellenbogenkunst mit einem Liberty-Walk-Breitbau, Rotiform-Felgen und einem comichaften Foliendesign zum Messestar verändert worden. Dass es für das moderne Kunstwerk keinen TÜV gibt, spielt dabei nicht unbedingt eine Rolle. Überall auf der Messe laufen Besucher mit einem (oder gar mehreren) bunten Kalendern des von Jean-Pierre Krämer zum „Monster“ ernannten Toyota herum. Mittlerweile werden die ursprünglich 35 Euro teuren Kalender zu Preisen von bis zu 100 Euro beim Auktionshaus Ebay gehandelt.

Sein Pendant in der Ruhrpott-Tuningszene, Sydney Hoffmann, hält es mit einem weißen VW Up GTI und einem dunkelblauen Porsche 911 GT dezenter, vielleicht gewöhnlicher. Anders geht es bei den Amateurporno-Darstellerinnen Lexy Roxx und ihrer Kollegin Mareike Fox zu. Hier stehen aufwändig verdelte Luxus-Sport- und Geländewagen Reih in Reih.

Die Tune-it-safe-Kampagne ist dieses Jahr im BMW i8 mit AC-Schnitzer-Aerodynamikpaket und Polizeibeklebung unterwegs. 2017 bot der Golf GTI der Kampagne noch Grund für Diskussionen unter Tuningfans, waren in den Radkästen doch eindeutig Schleifspuren der Reifen zu erkennen. So hätte der Golf in Deutschland keinen TÜV bekommen. Der Verband der Automobiltuner (VDAT) dementierte den Vorwurf mit der Begründung, die Schleifspuren seien während der Einstellarbeiten am Fahrwerk entstanden.
Der diesjährige i8 dagegen ist ein Saubermann. Mit einem geschätzten Gesamtpreis von knapp 200 000 Euro ist der Hybrid-Sportwagen aus München aber auch eine Rarität bei Tuningtreffen.

Der Enthusiasmus für Oldtimer ist ungebrochen. Der Classic & Prestige Salon des Veranstalters S.I.H.A stellt wieder unzählige besondere, seltene und klassische Oldtimer aus. Darunter spannende Exponate wie der begehrte 1957er Mercedes-Benz 300 SL, aber auch Sonderlinge aus dem Ausland. Zusätzlich gibt es zwei Sondershows mit Supersportwagen und Filmfahrzeugen. Hier lohnt sich vor allem ein Blick in die Halle, um Sonderlinge wie ein Ghostbusters-Filmauto (ECTO1) auf Basis des 1959er Cadillac Miller-Meteor Chassis zu bestaunen.

In Halle 3 werden Design-Cars und Kuriositäten gezeigt. Darunter ein Super-Mercedes-Truck mit zwei Aufliegern oder ein Porsche 911 aus Altmetall-Teilen. Neben den beiden Sonderlingen präsentieren sich auch die Studie Rinspeed Snap, ein Ruf SCR 2018, ein Brabus 700 4x4 hoch zwei sowie das Zender-Tuningkonzept Concept Car 500 Corsa Stradale auf Basis des Fiat 500.

Bei den Großen hagelt es wenige, aber interessante Premieren. So stellt Techart ein Präsentationsfahrzeug auf Basis des Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid aus, um das hauseigene Hybridtuning zu zeigen. Die Systemleistung beträgt hier 770 PS, in 3,2 Sekunden spurtet das fünftürige Coupé auf Tempo 100 Kilometer pro Stunde. Gegenüber steht der Brabus 900 auf Basis des Maybach S 650. Die 900 PS starke Luxuslimousine verspricht mit 1500 Newtonmeter Drehmoment – eine Sprache die wahrscheinlich nur Öl-Scheichs verstehen. Über 350 km/h fahren, dafür muss man den komfortablen Kraftprotz schon in die Wüste schicken.
Etwas zivilisierter, aber nicht weniger aufregend kommt Renault-Tochter Alpine zur Essen Motor Show. Mit dem A110 im Gepäck ist sie eine der Messelieblinge. In dem Mittelmotor-Sportwagen, der nach über 40 Jahren Abstinenz sein Comeback feiert, will jeder mal Platz nehmen. Kürzlich hat ihn erst die britische Auto-Sendung Top Gear zum „Performance Car of the Year“ gekürt.

Insgesamt hat die Essen Motor Show nach dem starken Schub zum 50-jährigen Bestehen im vergangenen Jahr wieder etwas nachgelassen. Große Tuner haben sich in diesem Jahr etwas mehr zurückgezogen, Sensationen bleiben weitgehend aus. Für Tuningfans, die ihre kommende Saison planen, lohnt sich die Messe aber allemal. Toyota hat außerdem noch eine wilde Katze aus dem Sack zu lassen: DC-Shoes-Gründer und Rennfahrer Ken Block steht während der Essen Motor Show für Autogramme (4.12 und 5.12, jeweils 10.30 Uhr) bereit.

Die Tageskarten (Ohrenstöpsel auch in diesem Jahr wieder gratis) kosten 16 Euro für Erwachsene und 13 Euro ermäßigt an der Tageskasse.

Wer erst nachmittags erscheint, zahlt zehn beziehungsweise acht Euro. Das Geld ist die Motorshow auch in diesem Jahr wert. Vorsicht ist allerdings bei der An- und Abreise geboten: Bereits am Sonnaband wurden erste Stimmen laut, dass die Polizeidirektion Essen verstärkt Kontrollen durchführt. Gestern entstand ein zwei Kilometer Stau auf der A 52 weil Beamte mit Taschenlampen einzeln die Felgen von abreisenden Fahrzeugen bei etwa 20 bis 30 km/h im Vorbeifahren kontrollierten. Mobile Hebebühnen und Prüfstände standen laut Aussagen von Besuchern ebenfalls bereit, um möglicherweise illegal veränderte Fahrzeuge zu ermitteln. Auf der Motor Show schmeckt Tuning eben besser als draußen. ampnet/deg

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