Automesse - Impressionen aus Detroit: Ford, Mercedes, Audi, VW,
14 Januar, 2017
Einer der schönsten Neuvorstellung auf der Automesse in Detroit dürfte das E-Klasse-Coupé von Mercedes-Benz
sein:
Es ist schon ein paar Jahre her, dass die Autoindustrie dem Jahresauftakt in Detroit den Garaus bereiten wollte. Die Premium-Marken wollten sich auf die Messe in Los Angeles konzentrieren, wo das Wetter besser ist und die Kundschaft zahlungskräftiger. Ein paar Premium-Marken nahmen vorübergehend den Hut, doch der Plan ging schief: Detroit blieb wichtigste Automesse auf dem US-Markt – und das ist gut für die "Big Three", die hier traditionell dominieren.
Umso erstaunlicher, dass der Angriff auf die Detroiter Automesse dieses Jahr aus den eigenen Reihen geführt wird:
Ford lud geheimnistuerisch zu einer mehrstündigen Vorabpräsentation ins nahegelegene Dearborn – und zwar am Mittag des ersten Pressetags, dem einzigen Tag, an dem noch nennenswerte Pressekonferenzen stattfinden. Als die anderen Hersteller Wind davon bekamen, schalteten sie den Veranstalter, die Händlerorganisation DADA, ein. Denn viele Hersteller, kaum jedoch Ford, hatten Journalisten eingeflogen, damit sie über die Messeneuheiten berichten – nicht, damit sie von Ford abgezogen würden.
Nach giftigen Mailwechseln und Telefonaten gab Ford klein bei und verschob den Termin auf den nächsten Morgen. Dort war übrigens das für Mitte 2017 geplante Facelift des Ford Mustang zu sehen – ein eher peripheres Thema. Was Ford bewogen hat, die Messe derart zu sabotieren, bleibt vorerst offen.
Im Prinzip hätte die milde Mustang-Evolution dem Appeal der Automesse gutgetan, schon weil überhaupt zu wenig Neuvorstellungen aus heimischen US-Gefilden kamen.
Chrysler zeigte das Konzeptfahrzeug "Portal" von der CES in Las Vegas, GM schickte mit Chevrolet Traverse und GMC Terrain zwei neue SUV konventioneller Statur ins Rennen. Überhaupt keine Neuigkeiten kamen von den eigentlich ambitionierten Luxusmarken Cadillac oder Lincoln, und auch die erwartete neue Corvette glänzte durch Abwesenheit.
Die mit Abstand schönste Neuvorstellung dürfte das E-Klasse-Coupé von Mercedes-Benz sein:
Mit seiner glatten, muskulösen Form präsentiert es sich geradezu als Triumph des Purismus. Neben dem gelifteten GLA und dem AMG GT Coupé mit neuem Kühlergrill unterstreicht er den Führungsanspruch der äußerst selbstbewusst auftretenden Schwaben.
Dieses Selbstbewusstsein will auch der Audi Q8 verkörpern, der einen Neuanfang in der Formensprache der Marke verkörpern soll. Doch es mangelt dem 550 PS starken Premium-SUV, dessen Frontgestaltung Cineasten an Richard Kiel in den James-Bond-Streifen "Moonraker" und "Der Spion, der mich liebte" erinnert, an Eleganz. Immerhin sind Anklänge an den klassischen Quattro von 1980 sichtbar, und das futuristische Bedienkonzept könnte einen neuen Standard in der Oberklasse markieren. Der ebenfalls präsentierte SQ5 setzt jetzt übrigens auch in Europa auf den Ottomotor.
Während Audi dominant auftritt, stößt Volkswagen mit dem I.D.Buzz-Konzept geradezu einen Schrei nach Liebe aus. Das perfekt durchgestyle, pfiffige Fahrzeug zieht unweigerlich die Sympathien auf sich. Schade ist, dass sich bei dieses kompakte Package leider nur mit Elektroantrieb darstellen lässt. Bis zum Serienstart dürften daher noch mindestens sechs Jahre verstreichen – wenn es überhaupt dazu kommt. Denn seit 2001 präsentiert sich der I.D.Buzz als nunmehr vierter Versuch, den klassischen VW-Bus wiederaufleben zu lassen.
Die Wolfsburger brauchen dieses Auto als sympathische Zukunftsvision, denn die Realität ist bitter: Ein VW-Manager wurde kurz vor der Messe wegen des aufgebauschten Dieselskandals festgenommen; die Meldung machte auf der Messe blitzschnell die Runde. Kurz darauf teilte die in den letzten Tagen der Obama-Regierung noch einmal zu fieberhafter Aktivität erwachte EPA-Behörde übrigens mit, dass Chrysler sich ähnlicher Verfehlungen wie VW schuldig gemacht habe. Der Kurs der Aktie rutschte in den Keller; die gemeinsam mit dem Trump-Team verkündeten Investitionen auf US-Boden rückten in den Medien augenblicklich in den Hintergrund.
BMW zeigt bereits bekannte Modelle: Die phantastische und sehr seriennahe Studie des kommenden X2 steht hier einträchtig neben dem neuen 5er, der für unseren Geschmack deutlich zu bescheiden auftritt. Mini hat den Weg nach Detroit gescheut, genauso wie Porsche und einige Exoten.
Während Nissan die relativ seriennahe Studie V-Motion zeigt – sie deutet auf den Nachfolger des in Europa nicht angebotenen Altima hin –, lanciert Toyota mit dem expressiv gezeichneten Camry die nächste Generation des ungemein erfolgreichen Bestsellers. Bemerkenswert: Es bleibt beim V6-Motor für die Topmodelle; wer es plakativ "grün" mag, kommt mit dem Vierzylinder-Hybrid auf seine Kosten.
Nach endlosen zehn Jahren kommt außerdem das Nachfolgemodell des großen Lexus LS auf den Markt – mit einer zerklüfteten Außenhaut, bei der kaum eine Linie logisch einer anderen folgt, jedoch mit einem ausgesprochen modernen und ungewöhnlich gestalteten Interieur. Unter der Haube arbeitet trotz der eindrucksvollen Modellbezeichnung LS500 nur ein 3,5-Liter-V6, während das zweitürige Coupé mit der Modellbezeichnung LC500 über einen 5,0-Liter-V8 verfügt.
Als Überraschung aus Korea tritt die Sportlimousine Kia Stinger auf. Sie zielt mit Hinterradantrieb und reichlich zerklüfteter Formgebung auf Audi A7 und Mercedes-Benz CLS. Seit ihrem Debüt als Kia GT Concept auf der IAA 2011 hat die Karosserie deutlich an Appeal verloren, doch der Kia-Schritt in das obere Segment ist im Prinzip zu begrüßen. Dies gilt umso mehr, als der Start der Premium-Schwestermarke Genesis mit den eher altmodischen Modellen G80 und G90 etwas misslungen ist.
Einen überzeugenderen US-Start hätte man sich auch für den chinesischen GAC-Konzern gewünscht, dessen Fahrzeuge auf die schöne Markenbezeichnung Trumpchi hören – und dabei technischen und stilistischen Fortschritt vermissen lassen.
Doch den Fortschritt erblickten viele Hersteller auf dieser Automesse ohnehin im autonomen Fahren; die Segnungen der selbstfahrenden Fahrzeuge werden in Detroit in bunten Farben ausgemalt, ob nun von Chrysler, von Nissan oder von den deutschen Premiumherstellern. Glaubt man diesen Visionen, dann wird sich umfassende Glückseligkeit einstellen, sobald die gebeutelten Autofahrer von der schweren Last des Fahren erlöst sind.
Der Exodus der klassischen Neuvorstellungen aus Detroit – er ist vielleicht ein Vorbote dieser schönen neuen Welt. ampnet/jm
Es ist schon ein paar Jahre her, dass die Autoindustrie dem Jahresauftakt in Detroit den Garaus bereiten wollte. Die Premium-Marken wollten sich auf die Messe in Los Angeles konzentrieren, wo das Wetter besser ist und die Kundschaft zahlungskräftiger. Ein paar Premium-Marken nahmen vorübergehend den Hut, doch der Plan ging schief: Detroit blieb wichtigste Automesse auf dem US-Markt – und das ist gut für die "Big Three", die hier traditionell dominieren.
Umso erstaunlicher, dass der Angriff auf die Detroiter Automesse dieses Jahr aus den eigenen Reihen geführt wird:
Ford lud geheimnistuerisch zu einer mehrstündigen Vorabpräsentation ins nahegelegene Dearborn – und zwar am Mittag des ersten Pressetags, dem einzigen Tag, an dem noch nennenswerte Pressekonferenzen stattfinden. Als die anderen Hersteller Wind davon bekamen, schalteten sie den Veranstalter, die Händlerorganisation DADA, ein. Denn viele Hersteller, kaum jedoch Ford, hatten Journalisten eingeflogen, damit sie über die Messeneuheiten berichten – nicht, damit sie von Ford abgezogen würden.
Nach giftigen Mailwechseln und Telefonaten gab Ford klein bei und verschob den Termin auf den nächsten Morgen. Dort war übrigens das für Mitte 2017 geplante Facelift des Ford Mustang zu sehen – ein eher peripheres Thema. Was Ford bewogen hat, die Messe derart zu sabotieren, bleibt vorerst offen.
Im Prinzip hätte die milde Mustang-Evolution dem Appeal der Automesse gutgetan, schon weil überhaupt zu wenig Neuvorstellungen aus heimischen US-Gefilden kamen.
Chrysler zeigte das Konzeptfahrzeug "Portal" von der CES in Las Vegas, GM schickte mit Chevrolet Traverse und GMC Terrain zwei neue SUV konventioneller Statur ins Rennen. Überhaupt keine Neuigkeiten kamen von den eigentlich ambitionierten Luxusmarken Cadillac oder Lincoln, und auch die erwartete neue Corvette glänzte durch Abwesenheit.
Die mit Abstand schönste Neuvorstellung dürfte das E-Klasse-Coupé von Mercedes-Benz sein:
Mit seiner glatten, muskulösen Form präsentiert es sich geradezu als Triumph des Purismus. Neben dem gelifteten GLA und dem AMG GT Coupé mit neuem Kühlergrill unterstreicht er den Führungsanspruch der äußerst selbstbewusst auftretenden Schwaben.
Dieses Selbstbewusstsein will auch der Audi Q8 verkörpern, der einen Neuanfang in der Formensprache der Marke verkörpern soll. Doch es mangelt dem 550 PS starken Premium-SUV, dessen Frontgestaltung Cineasten an Richard Kiel in den James-Bond-Streifen "Moonraker" und "Der Spion, der mich liebte" erinnert, an Eleganz. Immerhin sind Anklänge an den klassischen Quattro von 1980 sichtbar, und das futuristische Bedienkonzept könnte einen neuen Standard in der Oberklasse markieren. Der ebenfalls präsentierte SQ5 setzt jetzt übrigens auch in Europa auf den Ottomotor.
Während Audi dominant auftritt, stößt Volkswagen mit dem I.D.Buzz-Konzept geradezu einen Schrei nach Liebe aus. Das perfekt durchgestyle, pfiffige Fahrzeug zieht unweigerlich die Sympathien auf sich. Schade ist, dass sich bei dieses kompakte Package leider nur mit Elektroantrieb darstellen lässt. Bis zum Serienstart dürften daher noch mindestens sechs Jahre verstreichen – wenn es überhaupt dazu kommt. Denn seit 2001 präsentiert sich der I.D.Buzz als nunmehr vierter Versuch, den klassischen VW-Bus wiederaufleben zu lassen.
Die Wolfsburger brauchen dieses Auto als sympathische Zukunftsvision, denn die Realität ist bitter: Ein VW-Manager wurde kurz vor der Messe wegen des aufgebauschten Dieselskandals festgenommen; die Meldung machte auf der Messe blitzschnell die Runde. Kurz darauf teilte die in den letzten Tagen der Obama-Regierung noch einmal zu fieberhafter Aktivität erwachte EPA-Behörde übrigens mit, dass Chrysler sich ähnlicher Verfehlungen wie VW schuldig gemacht habe. Der Kurs der Aktie rutschte in den Keller; die gemeinsam mit dem Trump-Team verkündeten Investitionen auf US-Boden rückten in den Medien augenblicklich in den Hintergrund.
BMW zeigt bereits bekannte Modelle: Die phantastische und sehr seriennahe Studie des kommenden X2 steht hier einträchtig neben dem neuen 5er, der für unseren Geschmack deutlich zu bescheiden auftritt. Mini hat den Weg nach Detroit gescheut, genauso wie Porsche und einige Exoten.
Während Nissan die relativ seriennahe Studie V-Motion zeigt – sie deutet auf den Nachfolger des in Europa nicht angebotenen Altima hin –, lanciert Toyota mit dem expressiv gezeichneten Camry die nächste Generation des ungemein erfolgreichen Bestsellers. Bemerkenswert: Es bleibt beim V6-Motor für die Topmodelle; wer es plakativ "grün" mag, kommt mit dem Vierzylinder-Hybrid auf seine Kosten.
Nach endlosen zehn Jahren kommt außerdem das Nachfolgemodell des großen Lexus LS auf den Markt – mit einer zerklüfteten Außenhaut, bei der kaum eine Linie logisch einer anderen folgt, jedoch mit einem ausgesprochen modernen und ungewöhnlich gestalteten Interieur. Unter der Haube arbeitet trotz der eindrucksvollen Modellbezeichnung LS500 nur ein 3,5-Liter-V6, während das zweitürige Coupé mit der Modellbezeichnung LC500 über einen 5,0-Liter-V8 verfügt.
Als Überraschung aus Korea tritt die Sportlimousine Kia Stinger auf. Sie zielt mit Hinterradantrieb und reichlich zerklüfteter Formgebung auf Audi A7 und Mercedes-Benz CLS. Seit ihrem Debüt als Kia GT Concept auf der IAA 2011 hat die Karosserie deutlich an Appeal verloren, doch der Kia-Schritt in das obere Segment ist im Prinzip zu begrüßen. Dies gilt umso mehr, als der Start der Premium-Schwestermarke Genesis mit den eher altmodischen Modellen G80 und G90 etwas misslungen ist.
Einen überzeugenderen US-Start hätte man sich auch für den chinesischen GAC-Konzern gewünscht, dessen Fahrzeuge auf die schöne Markenbezeichnung Trumpchi hören – und dabei technischen und stilistischen Fortschritt vermissen lassen.
Doch den Fortschritt erblickten viele Hersteller auf dieser Automesse ohnehin im autonomen Fahren; die Segnungen der selbstfahrenden Fahrzeuge werden in Detroit in bunten Farben ausgemalt, ob nun von Chrysler, von Nissan oder von den deutschen Premiumherstellern. Glaubt man diesen Visionen, dann wird sich umfassende Glückseligkeit einstellen, sobald die gebeutelten Autofahrer von der schweren Last des Fahren erlöst sind.
Der Exodus der klassischen Neuvorstellungen aus Detroit – er ist vielleicht ein Vorbote dieser schönen neuen Welt. ampnet/jm
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