Ölmarkt Rückblick und Ausblick
11 Mai, 2009
Die Rohölpreise legten in dieser Woche um 10% zu. Spekulation, Ausblick und Ölmarkt allgemein
Nach Schlusskursen am Freitag von 58,14 $/b bei Brent und 58,63 $/b bei WTI sehen sich die Ölbullen bestätigt. Dieses Niveau wurde zuletzt am 10. bzw. 11. November 2008 gesehen.
Noch immer stützen vor allem die haussierenden Aktienmärkte, ein schwacher Dollar und punktuelle Stärken im Ölmarkt. Der Dow Jones gewann diese Woche 4,4%, der Dollar verlor 2,7%.
Spekulation
Die meisten Kommentatoren hatten mit fallenden Ölpreisen gerechnet. Das führte zu einer Welle von Short-Eindeckungen, als viele Anleger auf den fahrenden Zug aufspringen wollten. Das beobachtbare spekulative Element scheint dennoch begrenzt zu sein, wie die letzten CFTC-Daten zeigen: Große Spekulanten reduzierten ihre Long-Positionen bei Optionen und setzten bei Futures sogar auf fallende Kurse (siehe Schaubild). Aber das Open Interest, also der Umfang offener Terminmarktpositionen, stieg an der Nymex deutlich an und erreichte am 5. Mai den höchsten Wert seit Mitte März.
Die Weltkonjunktur
Der wichtigste Faktor in dieser Woche war zweifellos der aufkeimende Konjunkturoptimismus. In den letzten Tagen wurden reihenweise Konjunkturdaten veröffentlicht, die besser als erwartet ausfielen. Die Palette reichte vom US-Häusermarkt über Einkaufsmanager-Indizes in Europa und Asien bis zu fallenden Risikoaufschlägen im Kreditmarkt. Den stärksten Eindruck hinterließen Daten aus China, nach denen das Reich der Mitte schon seit März wieder auf dem Wachstumspfad ist.
Am Donnerstag standen die Ergebnisse des Banken-Stresstests an, die allerdings teilweise schon in den Tagen zuvor an die Öffentlichkeit gelangt waren. Hier gab es keine großen Überraschungen. Am Freitag erfolgte die Veröffentlichung der mit Spannung erwarteten monatlichen Arbeitsmarktdaten. Sie fielen schlecht, aber besser als erwartet aus: 539.000 Stellen gingen im April verloren; 140.000 Stellen sind aber nur vorübergehend wegen der anstehenden Volkszählung geschaffen worden.
Die Konjunkturdaten zeigen also nicht mehr als einen verlangsamten Abwärtstrend. Das ist nun eingepreist. Bislang galten schlechte Daten als "normal", aber demnächst wird dies für erfreuliche Daten gelten. Das Rückschlagpotenzial auf den Aktienmärkten steigt.
Charttechnik
Der zweite wichtige Faktor in dieser Woche ist die Charttechnik bei den Ölpreisen. Dort hat sich die Lage schlagartig verbessert. Die kritische Marke von 55 $/b, die seit November einen Widerstand bildet, konnte überwunden werden. Der Bruch des kurzfristigen Aufwärtstrends im April entpuppte sich als Bärenfalle.
Ölmarkt allgemein
Vom Ölmarkt kommt hingegen keine Entwarnung. Die amerikanischen Wochenberichten (EIA/API) wurden nur einseitig wahrgenommen: Der Markt konzentrierte sich auf die vergleichsweise erfreulichen Lagerdaten und ignorierte die miserablen Nachfragedaten:
1. Die Rohöllager schrumpften um 1 Million Barrel (API) oder wuchsen um 0,6 mb (EIA). Zusätzliche 2 mb wanderten jedoch in die Strategische Reserve. Positiv ist hingegen, dass die gewerblichen Lager an der für die Logistik entscheidenden Golfküste deutlich zurückgingen, während sie nur an der Pazifikküste, die vom Rest der USA logistisch isoliert ist, wuchsen.
Die Benzinlager wurden abgebaut (-2,9 mb/-0,2 mb), die Mitteldestillatlager weiter aufgestockt (+1 mb/+2,4 mb).
Die Rohöllager in den USA jetzt haben den höchsten Stand seit 1981 erreicht. Auch in der Region um Rotterdam, den größten europäischen Ölhafen, sind die Tanks bis an den Rand gefüllt.
Die Auslastung der amerikanischen Raffinerien ist deutlich um 2,7 Prozentpunkte auf 85,4% gestiegen. Die Rohölnachfrage nimmt also zu. Jedoch kollidieren diese Daten mit den schwachen Werten für die Produktnachfrage. Hier kann erst ein längerfristiger Trend Aufschluss geben.
2. Die US-Nachfrage ging nach den (allerdings revisionsanfälligen) Wochendaten auf nur noch 18,0 mb/d zurück. Im Vierwochendurchschnitt waren es 18,2 mb/d. Das ist der niedrigste Werte seit den Anschlägen vom 11. September 2001. Die Rohölimporte in die USA bleiben aber trotz der niedrigen Nachfrage hoch, da die Contango-Situation fortbesteht.
Die Nachfrage nach Mitteldestillaten ging gegenüber dem Vorjahr um 14,1% zurück, der Bedarf nach Jet Fuel um 11,6%. Nur der Benzinkonsum ist relativ stabil.
In der Tat sind die Benzinpreise seit Monaten eine wichtige fundamentale Stütze für Brent & Co. Anders als bei Rohöl oder Mitteldestillaten sind die Lager hier auf normalem Niveau. Weltweit sind die Crack Spreads attraktiv und die Spotmärkte stabil. Die Nachfrage ist zumindest in den USA nahe dem Vorjahresniveau. Überschüsse in Europa/Russland und Asien werden exportiert: Europäische Spotmärkte beliefern Westafrika; Ostasien versorgt die amerikanische Westküste.
In ganz Süd- und Ostasien stabilisieren die OPEC-Kürzungen außerdem die Preise für Rohöl, da die Region keine alternativen Importmärkte hat.
Risiken und Ausblick
Einige Experten sehen schon die 70-Dollar-Marke am Horizont. Aber wer jetzt weiterhin auf steigende Ölpreise setzt, geht eine riskante Wette ein: Die Erholung der Weltwirtschaft müsste sich weiter beschleunigen, und die OPEC sollte in der Lage sein, ihre Förderung stärker als bisher zu drosseln.
Der Blick sollte auf die Konjunkturdaten und insbesondere auf die Contango-Kurve der Terminpreise gerichtet bleiben. Bislang wurden die Spotpreise durch den Aufbau von Öllagern gestützt, die aus rein finanziellen Gesichtspunkten angelegt wurden: Das Öl wird heute zu 58,1 $/b gekauft und kann auf dem Terminmarkt z.B. mit Liefertermin Juni 2010 für 66,8 $/b am selben Tag verkauft werden. Wer Tanklager oder Großtanker zur Verfügung hat, nutzt diese Möglichkeit, da sie trotz Kapital- und Lagerkosten profitabel ist.
Die steigenden Preise der Frontmonate haben die Contango-Kurve aber abgeflacht. Der Spread für Brent Juni 2009/Juni 2010 fiel von 12,4 $/b (1.Mai) um ein Drittel auf 8,7 $/b (8.Mai). Die Situation wird dadurch immer fragiler. Wenn der Abstand weiter schrumpft, werden die riesigen Lagerbestände, für die keine physische Nachfrage existiert, reduziert und auf dem Markt angeboten. Sie könnten dann die Spotpreise deutlich drücken.
(Die dazugehörenden Schaubilder stehen unter www.oelpreisblog.de zur Verfügung).
Ein Service von EnergyComment in Zusammenarbeit mit Pylon Performance Fonds. Die Pylon Performance Fonds I GmbH & Co. KG ist eine Fondsgesellschaft mit Sitz in Karlsruhe. Sie ist als geschlossener Fonds ausgestaltet, der vor allem in Förderrechte und grundstücksbezogene Ausbeutungsrechte (Land Leases) für fossile Energieträger, insbesondere Erdöl und Erdgas, investiert. www.oelpreisblog.de
Noch immer stützen vor allem die haussierenden Aktienmärkte, ein schwacher Dollar und punktuelle Stärken im Ölmarkt. Der Dow Jones gewann diese Woche 4,4%, der Dollar verlor 2,7%.
Spekulation
Die meisten Kommentatoren hatten mit fallenden Ölpreisen gerechnet. Das führte zu einer Welle von Short-Eindeckungen, als viele Anleger auf den fahrenden Zug aufspringen wollten. Das beobachtbare spekulative Element scheint dennoch begrenzt zu sein, wie die letzten CFTC-Daten zeigen: Große Spekulanten reduzierten ihre Long-Positionen bei Optionen und setzten bei Futures sogar auf fallende Kurse (siehe Schaubild). Aber das Open Interest, also der Umfang offener Terminmarktpositionen, stieg an der Nymex deutlich an und erreichte am 5. Mai den höchsten Wert seit Mitte März.
Die Weltkonjunktur
Der wichtigste Faktor in dieser Woche war zweifellos der aufkeimende Konjunkturoptimismus. In den letzten Tagen wurden reihenweise Konjunkturdaten veröffentlicht, die besser als erwartet ausfielen. Die Palette reichte vom US-Häusermarkt über Einkaufsmanager-Indizes in Europa und Asien bis zu fallenden Risikoaufschlägen im Kreditmarkt. Den stärksten Eindruck hinterließen Daten aus China, nach denen das Reich der Mitte schon seit März wieder auf dem Wachstumspfad ist.
Am Donnerstag standen die Ergebnisse des Banken-Stresstests an, die allerdings teilweise schon in den Tagen zuvor an die Öffentlichkeit gelangt waren. Hier gab es keine großen Überraschungen. Am Freitag erfolgte die Veröffentlichung der mit Spannung erwarteten monatlichen Arbeitsmarktdaten. Sie fielen schlecht, aber besser als erwartet aus: 539.000 Stellen gingen im April verloren; 140.000 Stellen sind aber nur vorübergehend wegen der anstehenden Volkszählung geschaffen worden.
Die Konjunkturdaten zeigen also nicht mehr als einen verlangsamten Abwärtstrend. Das ist nun eingepreist. Bislang galten schlechte Daten als "normal", aber demnächst wird dies für erfreuliche Daten gelten. Das Rückschlagpotenzial auf den Aktienmärkten steigt.
Charttechnik
Der zweite wichtige Faktor in dieser Woche ist die Charttechnik bei den Ölpreisen. Dort hat sich die Lage schlagartig verbessert. Die kritische Marke von 55 $/b, die seit November einen Widerstand bildet, konnte überwunden werden. Der Bruch des kurzfristigen Aufwärtstrends im April entpuppte sich als Bärenfalle.
Ölmarkt allgemein
Vom Ölmarkt kommt hingegen keine Entwarnung. Die amerikanischen Wochenberichten (EIA/API) wurden nur einseitig wahrgenommen: Der Markt konzentrierte sich auf die vergleichsweise erfreulichen Lagerdaten und ignorierte die miserablen Nachfragedaten:
1. Die Rohöllager schrumpften um 1 Million Barrel (API) oder wuchsen um 0,6 mb (EIA). Zusätzliche 2 mb wanderten jedoch in die Strategische Reserve. Positiv ist hingegen, dass die gewerblichen Lager an der für die Logistik entscheidenden Golfküste deutlich zurückgingen, während sie nur an der Pazifikküste, die vom Rest der USA logistisch isoliert ist, wuchsen.
Die Benzinlager wurden abgebaut (-2,9 mb/-0,2 mb), die Mitteldestillatlager weiter aufgestockt (+1 mb/+2,4 mb).
Die Rohöllager in den USA jetzt haben den höchsten Stand seit 1981 erreicht. Auch in der Region um Rotterdam, den größten europäischen Ölhafen, sind die Tanks bis an den Rand gefüllt.
Die Auslastung der amerikanischen Raffinerien ist deutlich um 2,7 Prozentpunkte auf 85,4% gestiegen. Die Rohölnachfrage nimmt also zu. Jedoch kollidieren diese Daten mit den schwachen Werten für die Produktnachfrage. Hier kann erst ein längerfristiger Trend Aufschluss geben.
2. Die US-Nachfrage ging nach den (allerdings revisionsanfälligen) Wochendaten auf nur noch 18,0 mb/d zurück. Im Vierwochendurchschnitt waren es 18,2 mb/d. Das ist der niedrigste Werte seit den Anschlägen vom 11. September 2001. Die Rohölimporte in die USA bleiben aber trotz der niedrigen Nachfrage hoch, da die Contango-Situation fortbesteht.
Die Nachfrage nach Mitteldestillaten ging gegenüber dem Vorjahr um 14,1% zurück, der Bedarf nach Jet Fuel um 11,6%. Nur der Benzinkonsum ist relativ stabil.
In der Tat sind die Benzinpreise seit Monaten eine wichtige fundamentale Stütze für Brent & Co. Anders als bei Rohöl oder Mitteldestillaten sind die Lager hier auf normalem Niveau. Weltweit sind die Crack Spreads attraktiv und die Spotmärkte stabil. Die Nachfrage ist zumindest in den USA nahe dem Vorjahresniveau. Überschüsse in Europa/Russland und Asien werden exportiert: Europäische Spotmärkte beliefern Westafrika; Ostasien versorgt die amerikanische Westküste.
In ganz Süd- und Ostasien stabilisieren die OPEC-Kürzungen außerdem die Preise für Rohöl, da die Region keine alternativen Importmärkte hat.
Risiken und Ausblick
Einige Experten sehen schon die 70-Dollar-Marke am Horizont. Aber wer jetzt weiterhin auf steigende Ölpreise setzt, geht eine riskante Wette ein: Die Erholung der Weltwirtschaft müsste sich weiter beschleunigen, und die OPEC sollte in der Lage sein, ihre Förderung stärker als bisher zu drosseln.
Der Blick sollte auf die Konjunkturdaten und insbesondere auf die Contango-Kurve der Terminpreise gerichtet bleiben. Bislang wurden die Spotpreise durch den Aufbau von Öllagern gestützt, die aus rein finanziellen Gesichtspunkten angelegt wurden: Das Öl wird heute zu 58,1 $/b gekauft und kann auf dem Terminmarkt z.B. mit Liefertermin Juni 2010 für 66,8 $/b am selben Tag verkauft werden. Wer Tanklager oder Großtanker zur Verfügung hat, nutzt diese Möglichkeit, da sie trotz Kapital- und Lagerkosten profitabel ist.
Die steigenden Preise der Frontmonate haben die Contango-Kurve aber abgeflacht. Der Spread für Brent Juni 2009/Juni 2010 fiel von 12,4 $/b (1.Mai) um ein Drittel auf 8,7 $/b (8.Mai). Die Situation wird dadurch immer fragiler. Wenn der Abstand weiter schrumpft, werden die riesigen Lagerbestände, für die keine physische Nachfrage existiert, reduziert und auf dem Markt angeboten. Sie könnten dann die Spotpreise deutlich drücken.
(Die dazugehörenden Schaubilder stehen unter www.oelpreisblog.de zur Verfügung).
Ein Service von EnergyComment in Zusammenarbeit mit Pylon Performance Fonds. Die Pylon Performance Fonds I GmbH & Co. KG ist eine Fondsgesellschaft mit Sitz in Karlsruhe. Sie ist als geschlossener Fonds ausgestaltet, der vor allem in Förderrechte und grundstücksbezogene Ausbeutungsrechte (Land Leases) für fossile Energieträger, insbesondere Erdöl und Erdgas, investiert. www.oelpreisblog.de
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